Neue Veröffentlichungen über den Kreis Schlawe

erschienen in : Sedina - Archiv N.F. Bd.9, JG 47  4/2001

Helmut Fischer/Fritz Schmidt (Hrsg.), Chronik von Altbewersdorf, Kreis Schlawe-Ostpommern, Weimar und Jena 2000, 290 S., ca. DM 80,-

Ulrich Neitzel/Mathias Sielaff, Einwohnerlisten des Rügenwalder Amtes 1731-1803, Band I der Fachreihe „Genealogische Schriften für Ostpommern“ der
Arbeitsgemeinschaft „Orts-und Familienforschung Schlawe“, 338 S. Löhne 2001, DM 70,-



Nach dem Erscheinen der Chroniken von Krangen, Wusterwitz, Quatzow, Panknin und Rötzenhagen, sowie den beiden Bänden „Der Kreis Schlawe“, die in den
80er Jahren herausgegeben wurden, blieb es lange still um dieses Gebiet Ostpommerns. Erst die politische Wende 1989, in deren Folge sich auch neue
Möglichkeiten der Forschung eröffneten und endlich auch die Menschen in der ehemaligen DDR sich ihrer Heimat öffentlich erinnern durften, brachte hier neue
Impulse, die nicht nur zur Gründung des genealogischen Verein „Pommerscher Greif“ führten, sondern auch Ortschronisten oder Familienforscher dazu anregten,
diese neuen Möglichkeiten nun in einer Publikation zu bündeln. So erschienen in jüngerer Zeit eine Chronik über das Dorf Altbewersdorf bei Schlawe und in
jüngster Zeit Einwohnerlisten des Rügenwalder Amtes für die Zeit von 1731-1803.

Die von Helmut Fischer und Fritz Schmidt herausgegebene Chronik von Altbewersdorf richtet sich in erster Linie an die sog. Erlebnisgeneration. Die eigentliche Geschichte von Altbewersdorf wird nur kurz in einigen einleitenden Kapiteln gestreift, dann folgen im Hauptteil Berichte über das Leben und Arbeiten im Dorf vor 1945. Ausführlich wird über die Landwirtschaft informiert, über die kleinen Handwerksbetriebe, die Mühlen und über eine Landbrotbäckerei. Die Vielfalt dörflichen Lebens tritt deutlich vor Augen, ergänzt durch Erinnerungen und Erlebnisberichte einzelner ehemaliger Bewohner. Eine „Seelenliste“, die nach 1945 vom ehemaligen Bürgermeister erstellt wurde, eine Liste der Kriegsteilnehmer 1939-1945 und Karten runden die Chronik ab. Viele Fotos (leider manches Mal unscharf) zeigen Altbewersdorf vor und nach 1945 und illustrieren die einzelnen Kapitel.

Die Chronik wird durch ein alphabetisches Namensregister erschlossen, leider fehlt ein entsprechendes Ortsregister.


Der genealogisch oder historisch interessierte Leser wird weitgehend nicht auf seine Kosten kommen. Angesichts der immensen Mühe, die die Erarbeitung einer solchen Chronik Herausgebern und Autoren bereitet, ist es bedauerlich, daß nicht wirklich jedes Haus mit seinen Bewohnern, und damit alle Familien, erfasst und genannt werden. Auch die Auflistung älterer Generationen, soweit sie noch bekannt sind, wäre für eine solche Chronik eigentlich ein unbedingtes „Muß“, denn wer, wenn nicht die heute noch lebenden ehemaligen Bewohner, kann diese Arbeit später noch leisten? Es ist schade, daß trotz der großen Liebe, mit der diese Chronik zusammengestellt wurde, der Leserkreis, der die Chronik mit Gewinn studieren könnte, nur klein bleiben wird.

Auf eine größere Interessentenschar kann sicher die Veröffentlichung der sog. Einwohnerlisten des Rügenwalder Amtes rechnen. Viele pommersche Familienforscher haben Vorfahren im ehemaligen Rügenwalder Amt, das in seiner Ausdehnung das größte pommersche Amt überhaupt gewesen ist. Die beiden Autoren haben die nach der Wende aus Merseburg in das Geheime Staatsarchiv Berlin zurückgekehrten Akten der Amtsverwaltung ausgewertet. In einer Einleitung wird die frühe Geschichte des Amtes knapp umrissen, dann werden die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen im 18. Jahrhundert erläutert, wobei vor allem die Verwaltungsbeamten, die Schulzen in ihrem unterschiedlichen Rechtsstatus, Forstbeamte, Heidereiter und Handwerker des Amtes im 18. Jahrhundert Beachtung finden. Auch Königlichen Ackerhöfe (Domänen) und die Mühlen mit ihren Müllermeistern werden erwähnt.

Im dann folgenden Hauptteil werden die Prästationstabelle (PT) von 1731 und für die Jahre bis 1803 die sog. Mühlentabellen vorgestellt. Die Mühlentabellen sind für die Erforschung der Familien des Rügenwalder Amtes insofern noch ergiebiger, als sie neben den grundbesitzenden Bauern und Kossäten auch die Einwohner, die Instleute, kleine Handwerker, ja sogar alleinlebende Frauen und alte Leute namentlich erfasst. Eine statistische Auswertung, die einige interessante Erkenntnisse bringt, sowie ein Literatur- und Quellenverzeichnis runden den Band ab.

Leider erschließen weder ein alphabetisches Namensregister, noch ein Orts-oder Sachregister das umfangreiche Material. Ein sogenannter Namensindex soll
diesem Manko abhelfen. In diesem Namensindex werden alle in den Listen erfassten Namen auf eine sogenannte Grundform zurückgeführt (z.B. Schwart/Schwartz auf Schwarz oder Schurfantz/Schurvantz(cke) auf Schurwantz) und die Anzahl ihres Vorkommens in einzelnen Dörfern genannt, doch erleichtert dies das Auffinden einer Familien nicht wesentlich, da man nun u.U. alle Jahrgänge für ein Dorf durchgehen muß. Auch sind in diesem „Namensindex“ nicht die doch recht umfangreichen Namensvorkommen der Einleitung berücksichtigt, so daß diese völlig aus jeglicher alphabetischer Listung herausfallen. Die Idee, Namen auf ihre Grundform zurückzuführen, sollte sicher der Arbeitserleichterung dienen, führt aber in einigen Fällen zu Fehlinterpretationen. So gehört z.B. die Pfarrersfamilie Dreist keinesfalls zu der im Rügenwalder Amt alteingesessenen Familie Dreisow. Auch die Einverleibung der Steinorter Bauernfamilie Schwanz zur Namengrundform „Schwarz“ ist falsch, denn der Name taucht im Kirchenbuch von See Buckow immer ausdrücklich als Schwanz, einige Zeit sogar in der Form „Zwantz“ auf. Die Großzügigkeit, mit der alles in diesen Namenindex gepresst wird, hat sich in vielen Lesefehlern fortgesetzt. Allein in der Einwohnerliste von 1770 für Altschlawe, die auf S. 50 der Veröffentlichung als Abbildung beigegeben ist, finden sich im Vergleich von Original und Abschrift 6 Lesefehler! Bei weiteren Stichproben ergab sich, daß fast jede Seite in der Abschrift mit mehreren Fehlern behaftet ist, abgesehen davon, daß die altertümliche Abkürzung H. sicher einfach mit „Herr“ zu übertragen wäre ( z.B. „H.Pastor“ mit „Herr Pastor“), nicht mit „Hochlöblich“, was in diesem Zusammenhang völlig unüblich erscheint. Neben der Überlegung, solche Listen
besser in ihrem historischen Kontext zu belassen, also jeden Jahrgang für sich darzustellen, was z.B. die mundartlichen Besonderheiten in der Wiedergabe der
Familiennamen deutlich machen würde, sollte nicht vergessen werden, daß es sich bei den Akten des Geh. Staatsarchivs Berlin „nur“ um zeitgenössische Kopien handelt (die Originale liegen in Stettin), die ihrerseits wiederum bereits eine gewisse Fehlerquote beinhalten.

Beiden hier vorgestellten Arbeiten mangelt es leider an einem sorgfältigen Umgang mit der benutzten Literatur und der Nennung der Quellen. So fanden sich in der Chronik von Altbewersdorf Passagen aus den Bänden „Der Kreis Schlawe“, ohne daß dies besonders kenntlich gemacht und die Autoren angegeben worden wären. Auch in den einleitenden Kapiteln der „Einwohnerlisten des Rügenwalder Amtes“ haben die Verfasser offensichtlich aus sehr viel mehr Quellen geschöpft (hier sei nur beispielhaft die Sammlung Lassahn-Spruth im Verein HEROLD genannt), die gar keine Erwähnung finden. Auch wird nicht deutlich, wo und inwieweit überhaupt die am Schluß der Arbeit genannte Literatur Berücksichtigung fand, da dies nicht im Text durch Fußnoten kenntlich gemacht ist.

Es ist bedauerlich, daß gerade die mit Spannung von vielen Familienforschern erwarteten „Einwohnerlisten“ grundsätzliche Mängel aufweisen, die die Freude an der Benutzung sehr trüben und es ratsam sein lassen, die darin gemachten Angaben selbst zu überprüfen.



Felicitas Spring

Anmerkung: Die Einwohnerlisten aus dem Staatsarchiv Berlin liegen der Gruppe Schloff (Schlawer Orts-und Familienforscher) als Verfilmungen vor. Gerne können  Auskünfte aus dem Material erteilt werden.

 
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erstellt von Margret Ott Letzte Aktualisierung Montag, 11. Februar 2002